Semesterferien 2
37 - Lee, Eisverkäufer, Nico @ Gebüsch
Jede Minute, die Lee warten musste, kam der jungen Frau wie eine Ewigkeit vor. Sie hatte verstanden, dass es dem Eisverkäufer nicht reichen würde, sie nackt zu sehen. So malte sich die Studentin zahlreiche Möglichkeiten aus, was er noch von ihr fordern würde. Wie weit würde sie für die erfolgreiche Erfüllung der Aufgabe gehen?
Natürlich ließen ihre drei Kommilitoninnen die Zeit nicht ungenutzt verstreichen. Besonders Jessica und Theresa diskutierten ausgiebig, welche Strafaufgabe fällig wäre, wenn Lee es nicht schaffen würde, das Eis zu besorgen. Amelie gab nur gelegentlich ihren Senf dazu. Die meiste Zeit hatte sie weiterhin ein Auge auf Yvonne und Robert.
»Ich fand den Bikini von Hannah ja ganz neckisch«, stellte Theresa fest. »Der würde Lee bestimmt auch stehen.«
»Auf jeden Fall«, stimmte Jessica zu. »Den könnte sie beispielsweise heute beim Abendessen tragen.«
»Sonst geht es euch noch ganz gut, oder?«, erwiderte Lee, die sich nervös auf die Lippe biss. »Da kann ich ja gleich nackt gehen.«
»Tu dir keinen Zwang an«, kam es von Jessica mit einem breiten Grinsen.
Amelie verfolgte unterdessen, wie Robert und Yvonne aus dem Wasser kamen. Noch immer tollten die beiden rum wie kleine Kinder und die Eifersucht der Kunststudentin stieg von Minute zu Minute. Umso interessanter fand sie daher den Moment, als Yvonne, kaum dass sie sich abgetrocknet hatte, einen Blick auf ihr Handy warf und dann, so schnell es ging, Richtung Jugendherberge rannte.
›Was ist denn da los?‹, überlegte Amelie.
Die gleiche Frage schien sich Moritz zu stellen, der gerade aus der anderen Richtung kam und Yvonne überrascht hinterher sah. Anschließend gesellte er sich zu seinem Kumpel und schien ihn mit der vor ihm wegrennenden Frau etwas aufzuziehen. Sofort stieg Amelies Laune wieder.
»Da kommt er«, stellte Jessica erfreut fest und zeigte auf den zurückkehrenden Eisverkäufer.
»Endlich«, freute sich auch Theresa, die vergnügt in die Hände klatschte. »Dann mal los.«
»Ja, doch!« Lee verdrehte genervt die Augen und stand auf.
Waren ihre Beine beim ersten Mal noch leicht wacklig gewesen, so drohten sie ihr dieses Mal bei jedem Schritt fast den Dienst zu versagen. Extrem angespannt und mit einem gefühlt riesigen Eisklumpen im Bauch lief Lee Richtung Gebüsch. Begleitet wurde sie dabei von den interessierten Blicken ihrer Freundinnen.
Wieder dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis auch der Eisverkäufer am Treffpunkt war. Sein Lächeln war gleichzeitig herausfordernd und bezaubernd, was die Studentin nur noch mehr aus dem Konzept brachte.
»Und, hast du dir etwas überlegt, was du mir im Tausch gegen das Eis anbieten willst?«, wollte er wissen.
»Das Angebot mit dem Kuss steht«, entgegnete Lee hoffnungsvoll.
»Wo genau möchtest du mich denn küssen?«
»Wo ich dich küssen, also, ich, ähm, oh!« Lee errötete als sie erkannte, worauf er anspielte und es überraschte sie selbst, dass ihr erster Gedanke kein klares Nein war.
»Vielleicht sollten wir uns etwas Privatsphäre gönnen«, schlug der Eisverkäufer vor und zeigte Richtung Gebüsch.
Gemeinsam verschwanden die beiden darin, sodass Jessica, Theresa und Amelie ab diesem Zeitpunkt nur noch warten konnten. Sofort fingen alle drei wild an zu spekulieren, worauf das alles hinauslief. Wie weit war Lee bereit zu gehen?
Innerhalb des Gebüschs wurde Lee mit jedem Schritt nervöser. Wem wollte sie hier eigentlich etwas beweisen? Dem süßen Kerl? Ihren Freundinnen? Sich selbst?
Als Lee sicher war, dass sie tief genug im dichten Grün verschwunden waren, um nicht mehr vom Strand aus gesehen zu werden, hielt sie an. Noch einmal ging sie ihre Optionen durch. Da entschied sie, bevor ihr das letzte Stück Mut verloren ging, es schnell durchzuziehen.
Wenige Handbewegungen später stand die Studentin splitternackt da. Das schien selbst den Eisverkäufer zu überraschen. Für einen Moment stand sein Mund offen und seine Augen fuhren Lees unverhüllten Körper entlang. Die aufkommende Beule in seinem Schritt half der Studentin, etwas Sicherheit zurückzugewinnen.
Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wusste war, dass der junge Mann mit der Eisbox nicht der Einzige war, der sie in diesem Moment nackt sah. Noch ein Stück tiefer im Gebüsch und ebenso überrascht verfolgte Nico das Treiben. Der Informatikstudent hatte von sicherer Position aus Hannahs Demütigung verfolgt und anschließend noch Yvonnes Aufgaben verschickt. Nun, da er eine Antwort von Hannah bekommen hatte, wollte er sich gerade aus dem Gebüsch stehlen, als die beiden unerwarteten Besucher dazugekommen waren.
›Das könnte interessant werden‹, dachte er bei sich.
»Na, gefällt dir, was du siehst?«, wollte Lee wissen. Sie hatte die Arme in die Seite gestemmt und versuchte möglichst souverän zu wirken. »Ich denke doch wohl, dass ich mir damit das Eis verdient haben.«
»Ein schöner Anblick, ohne jede Frage«, erwiderte der junge Mann. »Allerdings hätte ich noch einen Wunsch.«
»Und der wäre?«